Schluss mit der Selbstausbeutung für Designer!

Dieser Beitrag ist anders, als das, was du hier sonst von mir liest. Oder auch nicht. Nein, eigentlich nicht, denn er greift genau das auf, was ich immer wieder weitergeben möchte. Sei Designer, mit Leib und Seele, aber verhalte dich wie ein Unternehmer. Kenne deinen Wert und kenne deine Preise. Es gibt keinen, wirklich keinen Umstand, der es rechtfertigt, wenn du unter deinem Wert arbeitest oder sogar umsonst.

Von Selbstausbeutung und Selbstverwirklichung

Gerade habe ich wieder einen Artikel bei Edition F gelesen, der sehr schön aufzeigt, wie leicht wir uns in der Kreativbranche ausbeuten lassen und für eine Hungerlohn racken, nur in der Hoffnung bald den tollen großen Job zu haben, mit dem wir uns endlich verwirklichen können. Den hippen tollen Arbeitsplatz, für den wir jahrelang studiert haben und uns jetzt mit weit mehr als 40 Stunden pro Woche abmühen – natürlich ohne eine entsprechend hohe Bezahlung.

Ich bin das so leid, weil es so falsch ist.

Und weil sich dieser Gedanke so fest in den Köpfen verankert hat: Wenn dir dein Job Spaß macht, dann muss er nicht gut bezahlt sein. Immerhin machst du das ja gerne.

Ich sage nein, nein und nochmals NEIN!

Und ich sehe das nicht nur bei den angestellten Kreativen. Es gibt soo viele Selbstständige, die in Agenturen arbeiten und für einen winzigen Stundenlohn all ihr Wissen und ihre Ideen einbringen. Die ihre Designs und Entwürfe bei billigen Designplattformen verschleudern und nicht mal im Ansatz das einnehmen, was ihre Arbeit wert ist. Ich erlebe so viele Designer, die sich runterhandeln lassen, weil sie nicht wissen was sie verdienen müssen.

Klar ist es viel anstrengender, wenn man seine Preise jedes Mal verhandeln muss. Und es ist beängstigend, wenn man immer wieder Absagen bekommt, mit dem Kommentar „Du bist viel zu teuer. Unser Grafiker macht das für die Hälfte.“ Und dann, wenn es zum Monatsende geht und noch nicht genug Kohle da ist, dann kommt der Gedanke „Ach was soll es. Wenn ich das nicht zu dem Preis mache, dann macht es jemand anderes.“

All diese Gedanken und Argumente kann ich so gut nachvollziehen. Vor allem zu Beginn der Selbstständigkeit oder wenn du noch Berufsanfänger bist. Aber das ändert gar nichts daran, dass diese Selbstausbeutung falsch ist. So falsch, wie es nur sein kann.

Schluss mit der Selbstausbeutung für Designer! #Finanzen #Selbstständigkeit

Selbstständig sein, heißt Unternehmer sein! Verhalte dich auch so

Es ist paradox an sich, dass ausgerechnet in der Ausbildung von Designern, Illustratoren und Grafikern kaum unternehmerische Grundkenntnisse vermittelt werden, obwohl gerade diese Berufe so oft in eine Selbstständigkeit münden. Mal ganz ehrlich, wie viele Illustratoren mit einer Festanstellung kennst du?

Und natürlich ist es unendlich langweilig sich mit Buchhaltung, Akquise, Nutzungsrechten oder Kundenbindung zu beschäftigen – gerade wenn man als Designer doch so viel kreativer und bunter denkt und handelt.

Aber du musst das Wissen haben, wenn du von deiner Selbstständigkeit leben willst.
Das soll nicht heißen, dass du alles Selbst machen musst. Das mach ich auch nicht. Aber du musst verinnerlicht haben, was Buchhaltung ist und wie es funktioniert, damit du richtig kalkulieren kannst. Um die Details kann sich dann dein Steuerberater kümmern und du weißt, dass alles in guten Händen ist.
Eine Selbstständigkeit ohne Unternehmerwissen funktioniert nicht!

Das fängt schon bei ganz kleinen Dingen wie „Wie viel muss ich jeden Monat einnehmen, damit ich alle meine Kosten decken kann?“ an. Ein Grafiker in Festanstellung verdient im Durchschnitt 2.265 – 3.340 Euro brutto. Du musst aber noch deinen Ausfall für Krankentage, deinen Urlaub und die Steuer dazurechnen. Und du kannst nicht jeden Tag bezahlt arbeiten, weil dich keiner dafür bezahlt, dass du deine Akquise, Buchhaltung oder Weiterbildungen machst. Mit Stundensätzen von nicht mal 40-50 Euro ist das nicht zu schaffen! Oder du arbeitest Tag und Nacht und das kann nicht dein Ziel sein.

Guckt man sich die offiziellen Zahlen bei der KSK für 2016 an, dann haben die Versicherten Designer & Künstler gerade mal durchschnittlich 15.740 Euro verdient. Das sind nicht mal 1320 Euro/Monat und das vor Abzug der Steuer.

Kenne deinen Wert!

Ein weiterer Punkt, den ich gar nicht oft genug wiederholen kann, ist, dass du dir klar machen musst, was für einen Wert du durch deine Designs erschaffst. Eine Website, die ein gutes und nutzerfreundliches Design hat, verkauft viel mehr, als eine die unpraktisch und hässlich ist. Eine Werbeanzeige, die kreativ und hochwertig ist, spricht viel mehr Leser oder Nutzer an und das führt zu höheren Umsätzen. Ein Buch mit einem guten Layout und schönen Illustrationen wird häufiger gekauft.
Deine Designs erzeugen einen Mehrwert für deinen Auftraggeber – er verdient mehr Geld durch deine Arbeit. Also lass dich entsprechend bezahlen. Deine Arbeit ist Geld wert – gutes Geld, keinen Hungerlohn!

An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal die Nutzungsrechte hervorheben. Der Unterschied zwischen „Wir sind eine kleine, regionale Eventagentur und brauchen für eine Illustration für einen Veranstaltungsflyer“ und „Wir sind ein weltweit agierender Großkonzern und wollen diese Illustration auf allen Werbemitteln für die neue Kampagne verwenden“ sind die Nutzungsrechte. Du brauchst für die Werkserstellung beider Illus gleich lang, aber natürlich kalkulierst du mehr Geld für die zweite Illustration, weil sie in viel größerem Umfang genutzt werden soll. Mehr dazu findest du auch bei der Illustratoren Organisation erklärt.

Das gleiche gilt für Verträge, die dir von Agenturen und Verlagen angeboten werden. Lies genau, lass sie ggf. prüfen und denk immer daran, dass du alles in Verträgen verhandeln kannst. Du bist Unternehmer und es ist nur logisch, dass du versuchst, das Bestmögliche für dich rauszuholen. Das macht dein Auftraggeber ja auch so

Vorsicht ist auch immer dann geboten, wenn du Anfragen bekommst, deine Designs oder dein Know-how kostenlos zur Verfügung zu stellen. „Wir haben bei unserer Recherche deine Grafiken gefunden und möchten sie in unserem Buch/Flyer/Website/… verwenden. Natürlich in einem positiven didaktischen Kontext und unter Nennung deines Namens. Gibst du uns dein Einverständnis? Das ist ja auch Werbung für dich.“ – Da halte ich es wie der großartige Ralph Ruthe: „Nein, ist es nicht.“  Denn wer deine Grafiken nutzen möchte, muss entsprechende Nutzungsrechte dafür zahlen. Dein Auto repariert ja auch keiner umsonst, nur weil du dann im Nachhinein von der Autowerkstatt schwärmst.

Fazit

Wir als Kreative müssen für uns ein Selbstbewusstsein und eine Grundeinstellung dafür schaffen, dass wir nicht alles hinnehmen müssen. Jeder kann alles verhandeln und für sich selbst möglichst viel rausholen. Und indem du Zusammenarbeiten und Aufträge, die so klar ungerecht sind, nicht mehr annimmst, verbesserst du nicht nur langfristig deine Arbeitsbedingungen, sondern kommst auch aus der Falle „Ich bekomme so wenig pro Stunde, also muss ich so viel arbeiten. > Ich hab so wenig Einnahmen, also muss ich auch schlecht bezahlte Jobs annehmen. > Ich bekomme so wenig pro Stunde, also muss ich so viel arbeiten. > …“ raus. Deine Selbstausbeutung hilft niemandem!

Also bitte, denk immer daran, welchen Mehrwert du mit deinen Designs erschaffst. Kalkuliere, ob sich ein neuer Auftrag lohnt und lehne Anfragen ab, die nicht zu deinen Zielen und Vorstellungen passen. Wenn du noch unsicher bist, wo dein Designschwerpunkt liegt und wie du dich positionieren sollst, dann guck dir die Akademie an. Wenn du für den unternehmerischen Teil deiner Selbstständigkeit Hilfe möchtest, dann schau mal, welche Gründerberatungen es in deiner Nähe gibt.

Selbstständiger Designer zu sein, bedeutet immer auch Unternehmer zu sein. Kenne deinen Wert und verhalte dich entsprechend! Nur so kann jeder für sich besser Arbeitsbedingungen herausholen und das ist zum Vorteil für ALLE Designer.

Der Artikel wurde zuletzt im Februar 2017 aktualisiert.
Fotocredit Titelbild: Gudrun Wegener
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