„How the f*ck do I survive?“ – Interview mit der Illustratorin Annina Burkhard

Interview mit der Illustratorin Annina Burkhard

„How the F*ck do I survice?“ Hand aufs Herz: Diese Frage hat sich doch jeder Kreative schon einmal gestellt. Vor allem zu Beginn der eigenen Selbstständigkeit, denn dann gleicht der Alltag eher einem Haifischbecken, als einem friedlichen Sommersee.

Die Illunauten Annina Burkhard und Barbara Seiler haben nicht lange überlegt, sondern sind auf die Mission Illustration gegangen. Zusammen haben sie mit der Website Howthef.ch eine großartige Anlaufstelle für Illustratoren aus der Schweiz geschaffen. Ein Projekt von Illustratoren für Illustratoren, um das Überleben im Haifischbecken für alle zu sichern und zu verbessern.

Ein großartiger Ansatz! Mir geht es mit Achtung Designer ja genauso. Wir können alle nur profitieren, wenn wir unser Wissen du die Erfahrungen teilen. Darum freue ich mich sehr, dass ich heute Annina im Interview habe.

Screenshot how the fuck do i survive

Hallo Annina, ich finde eure Website „How the f*ck do I survive?“ großartig! Erzähl doch mal, wie es dazu gekommen ist. Und was genau kann ich bei euch an Informationen finden?

Wie so vielen, fiel es uns sehr schwer in der Selbstständigkeit zurecht zu kommen. Wie schreibe ich eine Offerte? Wie hoch soll mein Stundenansatz sein? Was sind Nutzungsrechte? Wir sehnten uns nach einer Anlaufstelle, um diese Wissenslücken aufzufüllen.

Als wir realisierten, dass sich alle unsere Arbeitskoleg*innen mit denselben Problemen rumschlagen, entschlossen wir etwas dagegen zu tun!

Damit wir nicht nur uns, sondern der ganzen Branche weiterhelfen, machten wir die Infos frei zugänglich. Wir sind überhaupt nicht der Meinung, dass alle Anfänger*innen erst mal ein «Lehrgeld» bezahlen müssen.

„How the f*ck do I survive?“ ist ja noch nicht alles, was ihr euch vorgenommen habt. Welche Projekte und Ideen habt ihr geplant, um die Situation für Illustratoren in der Schweiz zu verändern?

Annina: Vor Kurzem haben wir die Gewerkschaft für Illustrator*innen Schweiz lanciert.

Das Herzstück dieser Bewegung ist Webseite «How the f*ck do I survive?». Dazu gibt es für Mitglieder viele Vorlagen und Merkblätter rund um den Beruf und das Selbstständigsein sowie eine gratis Rechtsberatung. Mit dem Motto «Gemeinsam sind wir stark!» wollen wir so für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen und die Diskussion rund um Honorare und Nutzungsrechte anstoßen.

Screenshot syndicom Gewerkschaft

Ich hab ja auch Illustrationsdesign studiert und mich direkt nach dem Studium selbstständig gemacht. Nur das ich beim ersten Mal grandios gescheitert. Einfach aus dem Grund, dass ich überhaupt keinen Plan hatte, wie „als Kreative selbstständig sein“ funktioniert. Und wie man einen Designauftrag umsetzt … Wie man mit Kunden zusammenarbeitet … die Liste könnte ich unendlich verlängern.

Um es kurz zu machen: Ich bin dann in eine Festanstellung gegangen und hab erst mal ein paar Jahre Erfahrungen gesammelt. Erst beim zweiten Mal hat meine Selbstständigkeit funktioniert. Wie war das bei dir bzw. bei euch? Wo habt ihr die Erfahrungen und das Rüstzeug für eure Selbstständigkeit herbekommen?

Wir arbeiten seit zwei Jahren im Team als Illunauten. Davor waren wir beide aber auch schon selbstständig.

Wir sind sehr froh, dass wir beide vor dem Illustrationsstudium eine Ausbildung im grafischen Bereich abgeschlossen haben (Polygrafin/Mediengestalterin und Grafikerin). So kannten wir bereits die Kreativbranche und die gängigen Programme ganz gut. Nach dem Studium arbeiteten wir beide Teilzeit wieder auf unserem vorherigen Beruf. Daneben konnten wir unsere Selbstständigkeit aufbauen. Diese halb-halb Situation ist aber ziemlich anstrengend und machte uns nicht wirklich glücklich! Wir haben uns wohl zu sehr auf dem Brotjob ausgeruht und nahmen die Selbstständigkeit zu wenig ernst.

Erst nach unserem gemeinsamen Projekt howthef.ch war für uns klar: Wir rocken die Selbstständigkeit doch einfach zusammen! So gründeten wir unser Illustrationsbüro Illunauten.

Eine Sache, die mich immer wieder ärgert, ist der Punkt, dass man in Designstudium oder Ausbildung nur lernt, wie man ein guter Designer wird, aber nicht, wie man vom „Designer sein“ leben kann. Dabei ist es bei diesem Beruf doch so naheliegend, dass sich viele Kreative später selbstständig machen werden. Ich meine jetzt mal im Ernst: Wie viele festangestellte Illustratoren kennst du? Trotzdem werden diese wichtigen Infos fast nie vermittelt. Wie ist das in der Schweiz? Gehören Businessthemen bei euch zum Studium dazu?

Das ist in der Schweiz ähnlich. Wir hatten am Ende des Studiums einen sehr kurzen Einblick in die Selbstständigkeit. Aber als es dann darauf an kam, waren diese Infos entweder vergessen oder schlicht nicht spezifisch genug.

Viele Probleme und Fragen tauchen erst beim Machen auf. Wir fühlten uns in der Anfangszeit schon sehr hilflos und unvorbereitet, um im Haifischbecken zu überleben.

Womit haben nach Illustratoren eurer Erfahrung am meisten zu kämpfen, wenn sie in die Selbstständigkeit starten? Welche Fragen erreichen euch immer wieder?

Eine große Schwierigkeit ist die Preisgestaltung und das verrechnen von Nutzungsrechten.

Fast ausschließlich werden uns Fragen bezüglich des Nutzungsrechtes gestellt. Das ist ja auch ein sehr komplexes Thema. Vielen ist nicht bewusst, dass normalerweise nicht die Illustration selbst gekauft wird. Sondern lediglich die Nutzung.

Interview How the fuck do i survive hoch 2

Nach meiner Erfahrung werden die verschiedenen Designbereiche ganz unterschiedlich bezahlt. In den typischen Bereichen wie Kinderbuch oder Editorial ist die Konkurrenz sehr groß und die Preise oft niedrig. Illustratoren die z. B. Infografiken, Animationen oder Graphic Recordings machen, trifft man seltener und die Preise sind in der Regel besser.

Ihr seid zwei Illustratorinnen. Arbeitet ihr alle im gleichen Bereich oder habt ihr ganz verschiedenen Spezialgebiete? Wie sind da eure Erfahrungen?

Ja, die Preisunterschiede sind riesig! Da hilft es zu wissen, was die eigene Arbeit wert ist.

Es gibt großen Aufholbedarf. Bei den Kunde*innen aber auch bei uns Illustrator*innen.

Unsere Arbeiten sind sehr breit gefächert, von Infografik über Wimmelbild bis hin zu Plakate. Wir mögen diese Abwechslung und die Herausforderungen, die all die unterschiedlichen Projekte bringen. Wir haben unterschiedliche Stärken und Schwächen und können uns so sehr gut gegenseitig unterstützen.

So viele Projekte auf die Beine zu stellen, kostete viel Zeit und Mühe. Aber es ist auch eine tolle und sehr wertvolle Arbeit. Wie kann man euch unterstützen?

Am besten unterstütz man uns, indem man Mitglied bei der «Gewerkschaft für Illustrator*innen» wird. So können wir unser Netzwerk ausbauen und uns austauschen. Wir würden uns freuen, wenn unsere Gemeinschaft wächst und wir die Situation für die Illustrator*innen zusammen langfristig verbessern könnten.

Illunauten Annina Burkhard und Barbara Seiler am Arbeitsplatz

Und zu guter Letzt, wie bei jedem Interview, möchte ich noch einen Blick hinter die Kulissen eurer kreativen Welt werfen. Wie sieht euer Arbeitsplatz aus und mit welchem Kreativprojekt beschäftigst ihr euch gerade?

Wir arbeiten oft in unserem Atelier, das wir mit anderen Kreativschaffenden teilen. Da wir vor allem digital zeichnen, brauchen wir gar nicht so viel mehr als ein Stuhl und ein Pult.

Zur Zeit haben wir ziemlich viele Aufträge, sodass die eigenen Projekte eher zu kurz kommen.

Danke für das Interview!

Herzlichen Dank 🙂

Das Interview wurde im September 2020 geführt.
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